Teilstipendiatin 2018/2019 - Indiana

Was bisher geschah: Ich wohne bei meiner Gastmutter Mary in Newburgh, Indiana. Ich habe meinen ersten Schultag erfolgreich überstanden.

Zuerst ein paar Fakten über das Leben in den USA. Alle Leute hier sind wirklich freundlich und entgegenkommend. Das Wasser ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt keinen Ort ohne Klimaanlage. Dadurch dass man in jeder Stunde mit anderen Schülern ist, lernt man viele neue Leute kennen. Lehrer sind mehr wie Freunde und Mentoren für die Schüler. Die Schulklingel hört sich an wie ein Feueralarm!

Ich habe mich gewundert warum keiner das Gebäude verlässt als ich es zum ersten Mal gehört habe. Es ist normal Erwachsene um eine Fahrt zu bitten, da es nicht viele öffentliche Verkehrsmittel gibt. Jede Unterhaltung beginnt, indem man den Anderen fragt wie es einem geht. Hier gibt es keine Füller und man schreibt gewöhnlich mit Bleistift. Es gibt kein allgemeinen Matheunterricht, sondern viele verschiedene, wie Geometrie, Trigonometrie und Algebra. Man gewöhnt sich unglaublich schnell an das Englisch, es geht auch relativ schnell bis man auf Englisch denkt. Ein Auslandsjahr zu machen war die beste Entscheidung meines Lebens.

Meine Schule hat donnerstags immer Rotation Day, d.h. man hat zwischen der ersten und zweiten Stunde 20 min Zeit zu einem Club zu gehen. Da es viele davon gibt, sind es 6 Rotations, bei dem jeweils 5-6 angeboten werden. Am ersten Donnerstag entscheide ich mich für den Club “Young Voices” bei dem wir uns in verschiedenen Teams für mentale Unterstützung, Umwelt und politische Themen einsetzen. Eine Woche später habe ich mich für “Drama Club” eingeschrieben. Ein paar Wochen darauf bin ich dem Kunst-club beigetreten.

Mein Geburtstag war ein super Tag. Meine Gastmutter hat mir per Special Cup (jeden Freitag kann man Kaffee zum Klassenzimmer bestellen) einen Kaffee gekauft mit Happy Birthday Stickern darauf. Alle meine Lehrer und Freunde haben mir gratuliert auch wenn sie mich noch nicht so lang kannten. Nach der Schule sind meine Gastmutter und ich nach Louisville, Kentucky, gefahren. Zum Geburtstag habe ich mir ein neues Handy gekauft und danach haben wir die Stadt erkundet, welche unglaublich schön war. Es war nicht viel los und die Stadt war durchzogen mit Kunstwerken und blinkenden Werbeschildern. Am Abend auf dem Weg zurück zum Hotel sind wir durch den Park gelaufen, wo über das Wochenende ein Worlds Festival war, d.h. Essen aus ganz verschiedenen Ländern und überall live Musik.

Ein paar Wochen später fand schon unser erstes Chorkonzert statt. Nach der Schule bin ich zu einer Freundin gefahren, die mir mit Make-up und Styling geholfen hat. Wir haben sogar extra Kleider in gold und schwarz bekommen und die Jungs mussten einen Anzug tragen. Natürlich ist man vor so einem Konzert schon mal aufgeregt und als mir mein Lehrer gesagt hat, dass ich die erste bin die die Bühne betritt hat es meiner Nervosität natürlich nicht geholfen. Trotzdem, meine Vorfreude war größer. Ich bin nicht gestolpert und das Publikum war begeistert. Zudem war unser Lehrer unglaublich stolz auf uns, weil er noch nie erlebt hat, dass wir bei unserem ersten Konzert schon so gut klangen.

Das Wochenende darauf sind Mary und ich zu „Frogralley“ gegangen. Ein Event für Oldtimer. Nachdem wir alle Autos gesehen haben sind wir aber wieder nach Hause gefahren. Am selben Tag war die Geburtstagsfeier einer Freundin, bei der wir Rollerskaten gegangen sind.

Mit derselben Freundin, meiner Betreuerin und einem weiteren Austauschschüler aus Vietnam sind wir nach Evansville gefahren, um dort das Fall Festival zu besuchen. Es gab Achterbahnen und hundert Food Trucks. Dazu gab es an jeder Ecke Musik. Es ist Tradition etwas Frittiertes zu essen, weil so gut wie jeder Stand alles Mögliche frittiert hat. Frittiertes Eis, frittierter Kuchen und frittiertes Gemüse gab es und vieles mehr. Die Kombination von Achterbahn fahren und frittiertem Essen war dann am Abend doch nicht die beste Idee, aber es hat trotzdem Spaß gemacht.

Am 10. Oktober fand der Mr. Castle-contest statt. Die verantwortlichen Lehrer und Schüler haben 40 männliche 12. Klässler ausgewählt die gegeneinander in verschiedenen Kategorien angetreten sind. Die Kategorien waren die Talentshow, Bademode und Frage-Antwort. Am Ende der Show durfte das Publikum dann abstimmen. Hier ein paar Highlights:

• Ein blasser Junge ist mit einem weißen Blatt Papier auf die Bühne gekommen und hat damit geposed (Bademode).
• Der nächste hatte einen Kokosnuss-Bikini Oberteil und einen Stroh Rock (Bademode).
• Zwei Jungs haben als Troy und Gabriela verkleidet ein High-School-Musical Duett gesungen (Talentshow). Ja Gabriela hatte ein Kleid an.

Ein paar Tage später stand Marys Geburtstag an. Als sie mein Geschenk am Morgen ausgepackt hat, hat sie sich riesig gefreut und hat gesagt, dass sie noch nie so ein Geschenk bekommen hat. Ich habe ihr eine personalisierte Tasse mit einem Bild von uns beiden und dem Spruch “Best host mum ever - Oh look, a nice car” geschenkt. Der Auto-spruch ist ein Insider-joke da hier so viele Mustangs rumfahren, muss ich es immer erwähnen, wenn ich einen sehe.

Kurz vor Halloween kamen drei riesige Pakete an, von denen ich nichts wusste, obwohl sie an mich adressiert waren. Es hat sich rausgestellt, meine Mutter hat mir ein Klavier gekauft, weil sie wusste, dass ich es vermisst habe. Halloween! Es ist so weit. Ich kann sagen, dass die Leute hier Halloween lieben. Jedes Klassenzimmer war dekoriert und eine meiner Lehrerinnen hat alle Stühle und Tische weggeräumt und das Klassenzimmer verdunkelt sodass wir Spiele spielen konnten. Nach der Schule wurde auf dem Schulparkplatz ein „trunk or treat“ abgehalten, d.h. Eltern konnten ihre Kofferräume dekorieren und die Kinder konnten von Auto zu Auto laufen. Die Idee dahinter ist, dass die Kinder einen sicheren Ort haben um zu trick-or-treaten. Da meine Gastmutter eine special education Lehrerin ist waren auch einige ihrer Schüler da. Der schönste Moment am Abend war jedoch als mich einer ihrer Schüler gefragt hat ob ich ihn in seinem Rollstuhl schiebe und mit ihm zusammen die Tour mache.

Wir wurden von unseren Nachbarn zum Essen eingeladen, weil ich schon ein paar Male auf die Katzen aufgepasst habe als sie weg waren. Es war richtig cool die Geschichten zuhören über ihre Ausflüge, die das Ehepaar gemacht hat, zum Beispiel wie sie beim Wandern einmal einen Bären gesehen haben. Am selben Abend mache ich Mary den Vorschlag mit mir einen Adventskalender zu machen, sodass wir abwechselnd ein Geschenk vom Anderen bekommen.

Mitte November, das Musical “Mamma Mia” steht an. Ich habe mich für die backstage Crew eingeschrieben, bei der wir für das Set und die Requisiten verantwortlich sind. Ich habe viele neue nette Leute kennengelernt, sei es Cast oder Crew. Nach der ersten Aufführung, die super verlief sind alle zu Ihop gegangen, was viel Spaß gemacht hat. Ich habe letztens den verantwortlichen Lehrer gefragt ob er denn eine Theater Klasse unterrichtet. Die Antwort ist ja, d.h. nächstes Semester werde ich voraussichtlich in “tech theater” wechseln.

Alles Gute zum Truthahn Tag. Es ist Thanksgiving und da es nur meine Gastmutter und ich im Haus sind, sind wir nach Nashville, Tennessee, gefahren, um dort im Opryland Hotel zu übernachten. Das Hotel war voll dekoriert mit Weihnachtsdeko und die Christmas Playlist war in der Dauerschleife. Mary und ich, wir haben haufenweise gutes Essen gegessen und sind für den Black Friday in die nahegelegenste Mall gegangen und ich habe mir einen Hardrock Pulli gekauft, man ist ja nicht immer in Nashville. Auf dem Rückweg sind wir in ein Corvette Museum gegangen, bei dem vor ein paar Jahren der Boden unter einer Autohalle zusammengekracht ist. Sie haben alles mit der Überwachungskamera gefilmt und man konnte sogar die kaputten Autos besichtigen, die sie geborgt haben.

Mein Englisch verbessert sich enorm. Meine Gastmutter findet, dass mein Englisch sehr gut ist und deswegen habe ich mit ihr abgemacht, dass sie mir helfen soll Kleinigkeiten zu verbessern, vor allem bei Präpositionen und Wörtern, die dieselbe Plural- wie Singularform haben.

Fortsetzung folgt…

Buchtipp: “Flowers for Algernon” - Daniel Keyes

Zitat: “How did you learn German?” -Schülerin
“Time flies when we’re having fun.” -Englisch Lehrerin

Lifehack: Wenn du in einer Situation bist, in der du nicht mehr weiterweißt, fang an auf Deutsch laut rumzuschreien. Das schreckt auf jeden Fall ab. :)