Teilstipendiatin 2018/2019 - Indiana


hico exp sophiae01Was bisher geschah…

Der Tag ist gekommen. Der Tag, an dem ich endlich erfahre, wer meine Gastfamilie ist und wohin ich gehe. Mein Herz pocht, kurz vorm Herzinfarkt lese ich gespannt die Informationen. Es geht nach Newburgh, Indiana, zu meiner Gastmutter Mary. Sie ist Lehrerin an meiner High-School und freut sich schon total auf mich. Meine Gefühle fahren Achterbahn, von Nervosität und Angst bis zur übergrößten Freude. Nach den ersten zehn Minuten meines mentalen Zusammenbruchs rufe ich erst einmal jeden an den ich kenne. Schreiend, kreischend und irre vor Freude verbringe ich den restlichen Tag.

Nach ein paar Wochen steht auch schon mein erstes Vorbereitungstreffen in Frankfurt an, das mir wirklich die Angst nimmt und nur noch Aufregung zurücklässt. Wir wiederholen die Regeln, üben verschiedene Szenarien um unsere Gastfamilie anzurufen und sprechen mit mehreren super witzigen Returnees.
Perfekt vorbereitet verabschiede ich mich langsam von meiner Schule, meinen Nachbarn, der Landschaft und dem Essen. 

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Eine Woche vor meinem Abflug, habe ich meinen Koffer größtenteils gepackt und bekomme endlich meine Zahnspange raus. Total begeistert von meinen glatten Zähnen komme ich nach Hause, wo meine ganze Familie und meine Freunde auf mich warten. Eine Überraschungsparty! Ich bin überglücklich, dass ich ihnen so wichtig bin, aber gleichzeitig bin ich am Boden zerstört, sie gehen zulassen, sodass meine beste Freundin mir in den Armen liegt und wir erst einmal eine Ewigkeit weinen. Nach den ersten schweren Momenten zeigt uns mein Bruder ein Video, welches er zusammengeschnitten hat, mit ganz vielen Bildern von mir und kurzen Videoclips. Um diesen wundervollen und zugleich traurigen Tag in Erinnerung zu behalten, machen wir ein Gruppenfoto, welches meine Mutter am nächsten Tag auf ein T-Shirt druckt, das ich mitnehmen werde.
Es ist so weit, ich fliege in die Staaten. Ich kann es kaum glauben. Meine Gefühle sind ein aufgewirbeltes Chaos und dennoch bin ich ganz ruhig. Ich verabschiede mich von meiner Mutter und meinem Bruder, aber ich weine nicht, weil ich es immer noch nicht realisiere, dass mein Abenteuer endlich beginnt. Nach einer Weile am Flughafen beginnt das Boarding meines Fluges nach Chicago. Vollkommen erstaunt, dass ich es überhaupt bis zum Gate geschafft hab, weil ich so ein Tollpatsch bin, meistere ich das Boarding des ersten Fluges. Obwohl es eiskalt ist und, wer hätte es auch anders erwartet, ich einen seltsamen Sitz-Nachbarn habe, überwiegt meine Vorfreude. In Chicago angekommen, muss ich sicher fünf Mal nach dem Weg fragen, weil mich jeder in eine andere Richtung weist. Letzen Endes schaffe ich es doch rechtzeitig zum Gate. Mit etwas Verspätung komme ich aber heil in Evansville an. Als ich auf meinen Koffer warte, fange ich schon an mich nach meiner Gastmutter umzuschauen, jedoch sehe ich sie nicht. Ich finde meinen Koffer und warte gespannt auf meiner Gastmutter, ich sehe sie aber leider immer noch nicht. Nach etwa zehn Minuten läuft sie mit offenen Armen auf mich zu. Sie entschuldigt sich sofort für ihre Verspätung, da die Flughafen-Webseite sich nicht korrekt aktualisiert hat. Da hatten wir beide erst einmal was zu lachen und das ist ein schöner Start meines Auslandsjahres.

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Am ersten Tag falle ich nur noch in mein riesiges, amerikanisches Bett und schlafe innerhalb von Sekunden ein. Und dann schlafe ich noch etwas länger, und noch ein paar Minuten länger. Ich kann sagen, es war ein erholsamer Tag. Mein zweiter Tag beginnt mit leckeren Pancakes bei Ihop. Wir haben die ganze Zeit geredet und geredet, über die Schule, die Clubs, was mich erwartet und über ihre Schüler, die sie unterrichtet in Special Education. Wir unterhalten uns einfach über alles Mögliche, sodass ich gar nicht mehr nervös bin und ich mich am zweiten Tag schon wie zu Hause fühle.

Die ersten Tage sind einfach überwältigend, überall riesige Autos, dafür ziemlich kleine Häuser, so viele Eiswürfel in Soft-Drinks und Wasser. Ich fühle mich immer richtig europäisch, wenn ich mein Wasser ohne Eiswürfel bestelle. Das Essen hier ist unglaublich lecker, aber leider auch unglaublich ungesund. Jedoch haben Mary und ich den Plan, dass wir nach zwei Wochen nur noch gesund essen und mehr zuhause kochen. Die Leute hier sind die nettesten überhaupt, sie sind offen und freundlich, man kann sich also super mit ihnen unterhalten.
hico exp sophiae04Unterhalten kann ich mich auch mit Marys Sohn und ihrem Enkel, welche uns von Minneapolis aus besuchen kommen. Zusammen gehen wir nach Indianapolis zur GenCon. GenCon ist eine Brettspiel-Convention zu der, neben uns, 65.000 Menschen kommen. Manche verkleiden sich sogar als ihre Lieblings-Charaktere. Wir sind hier für fünf Tage, welche wir mit Escape-Rooms und Brettspielen verbringen. Ich war von Anfang an gespannt darauf, weil ich noch nie etwas davon gehört hatte und mir nicht viel darunter vorstellen konnte. Umso schöner ist es, als ich positiv überrascht werde, mit irren Kostümen, witzigen Menschen und herausfordernden Spielen. Als Mary und ich den Punkt erreicht haben, an dem wir die Menschenmassen satthatten, gehen wir mittags ins Kino und schauen ‚Mamma Mia - Here we go again‘ an. Nachdem wir von den bequemen Kinostühlen aufstehen, entscheiden wir uns spontan eine Runde shoppen zu gehen. Wie gesagt, wir haben so viel Spaß zusammen, da wir denselben Humor haben und über alles reden können. Als wir nachmittags wieder auf die anderen zwei treffen, gehen wir an einem Abend zu einem brasilianischen Steakhouse und ein anderes Mal zu ‚Steak and Shake‘, welches ein Fast-Food-Unternehmen ist. Als wir nach fünf Tage voller Essens-Vielfalt und seltsamer, freundlicher und witziger Menschen nach Hause fahren, sind es nur noch ein paar Tage bis die Schule beginnt.
hico exp sophiae02Wir verabschieden uns von den beiden (Sohn und Enkel), mit denen ich so viele Parodie-Filme angeschaut und Witze gemacht habe. Auch wenn es nur ein paar Tage waren, sind sie mir wirklich ans Herz gewachsen, sodass ich mich schon aufs nächste Mal freue.
Jetzt wird es ernst! Der erste Schultag steht an. Der Unterricht beginnt um 7:35 Uhr und endet um 14:40 Uhr. Jeder Schüler hat jeden Tag denselben Stundenplan, welcher aus acht Schulstunden besteht. Meine erste Stunde ist ALS (advanced life sciene). Ich suche mir also einen Platz und schaue mich gespannt um. Ich sehe eine Flagge und einen Plan für die Woche, auf dem die Lehrerin beschreibt was wir die Woche alles so unternehmen. Es klingelt. Vor Schreck schaue ich mich um, da es sich anhört wie ein Feueralarm. Wie sich aber heraus stellt ist es wirklich nur die Schulklingel. Das erste was wir machen ist aufstehen und den Treueschwur auf die Flagge leisten, meine Lehrerin hat mir vorher schon gesagt, dass ich es nicht aufsagen muss, deswegen stehe ich nur auf aus Respekt. Zu Beginn soll jeder etwas Interessantes über sich erzählen. Einfallsreich wie ich bin sage ich, dass aus Deutschland bin, was Erstaunen in der Klasse aufgebracht hat.
Mein zweites Fach ist Zeichnen: das Erste, was ich sehe, ist, dass es in diesem Klassenzimmer Kaffee und Kekse gibt, die man sich nehmen kann. Glücklich mit meinem Kaffee besprechen wir die typischen, obligatorischen Themen. Danach habe ich ‚Study Hall‘, d.h. eine Stunde, in der ich lernen und lesen kann. Obwohl hier 80 Schüler im Raum sind ist es ganz still, da jeder seinen zugewiesenen Platz hat. 

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Das vierte Fach ist Englisch. Nervös betrete ich das Klassenzimmer, welches eher einer Bibliothek ähnelt. Mrs. Muller, meine Englisch-Lehrerin, erläutert uns ihren Unterrichts-Aufbau. Montags: Lesen, dienstags: Journal schreiben und Freitag ist „book talk Friday“, d.h. sie stellt uns verschiedene Bücher vor die wir lesen sollten. Die Zeit vergeht wie im Flug, sodass ich schon zur nächsten Stunde eile: Chor. Uns wird alles erklärt und erzählt von denen die das letzte Jahr schon dabei waren. Als der Chor zu Ende ist habe ich endlich Lunch, hungrig habe ich die Wahl zwischen fünf verschiedenen Kiosken. Nach einem akzeptablen Mittagessen habe ich American History, wovor ich am meisten Angst hab, da ich noch nie gut in Geschichte war, aber ich überstehe auch diese Stunde voller Organisatorischem, da Mr. Crews einen unglaublich witzigen Humor hat und sogar versucht ein paar deutsche Wörter zu sagen. Zuletzt habe ich Geometrie. Ich mag Mathe, sodass das kein Problem ist und mein Lehrer schon merkt, dass ich den anderen schon voraus bin. Nach einer kurzen Vorstellung von jedem Schüler ruft mich mein Lehrer vor. Ich mache mir schon Sorgen, dass ich irgendwas falsch gemacht habe, aber er fängt an begeistert über GenCon zu reden, da er dort auch unbedingt einmal hinmöchte. Erleichtert erzähle ich ihm all die großartigen Sachen, die ich erlebt habe. Und so endet auch der erste Schultag.


Buch Tipp: “Sleeping Freshmen never lie”, bei David Lubar (hat mir sehr geholfen den Alltag eines High-School-Schülers zu verstehen)


Tipp: Nimm überall eine Jacke mit. Amerikanische Klimaanlagen sind eiskalt.


Fortsetzung folgt….(;

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