Teilstipendiatin 2016/2017 - Louisiana


hico exp annab01Als ich dann also am Freitag, den 22. aufwachte, wusste ich sofort, dass es ab jetzt wirklich Ernst war. Den Tag davor hatte ich natürlich schon gepackt – ein wenig kurzfristig, ich weiss aber größtenteils wusste ich einfach nicht was ich wirklich mitnehmen muss. Denn wenn man Mal von Klamotten für zwei Wochen und den typischen Hygienemitteln absieht, gab es in meinen Augen nicht viel was ich wirklich brauchen und in Amerika nicht kaufen können würde.
Mein Vater brachte meine Schwester, meine Mutter, eine Freundin und mich zum Flughafen. Ich wollte nicht zu viele Leute um mich herum haben, wenn ich ehrlich bin, denn ich weiß dass es mich traurig gemacht hätte, mich von diesen zu verabschieden. Am Flughafen angekommen suchten wir den Schalter meiner Fluggesellschaft und besorgten die Tickets. Zu dieser Zeit war das Gefühl von Trauer beinahe vollkommen verschwunden und durch Panik und Angst ersetzt worden. Als ich durch die Tore ging, durch welche mich meine Familie nicht mehr begleiten konnten wusste ich, jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Der Flug nach Houston war der längste, ich schaute ein paar Filme, die in Deutschland gerade in den Kinos liefen. Alles im allem war es also sehr entspannend und ruhig, auch wenn wir zwei Mal in Turbolenzen kamen. Der Flughafen Houston ist groß, man merkte einfach sofort das man woanders war, ein Blick aus dem Fenster genügte und man sah die dürre Landschaft, die man so nie in Deutschland zu Gesicht bekommen würde.
hico exp annab02Mein letztes Flugzeug mit dem ich fliegen würde war klein und eng. Ich saß neben einer freundlichen Frau, die sofort erkannte, woran auch immer das ich nicht aus Lake Charles (meiner Endstation) war. Wir redeten ein wenig und sie erzählte mir von der schönen Landschaft und machte mir ein wenig Mut, denn der hatte mich spätestens verlassen als ich ins Flugzeug stieg. Ich hatte Angst, dass meine Gastfamilie mich nicht mögen würde, daher versuchte ich mich abzulenken und schaute aus dem Fenster. Die Gegend war voller Seen und das war der Moment in dem ich wirklich verstand warum es LAKE Charles hieß. Der letzte Flug dauerte jedoch nur 30 Minuten also landeten wir praktisch nachdem wir gestartet waren.
hico exp annab03Es war ziemlich heiß und ich, immer noch in meinem Sweatshirt und den langen Hosen sprintete fast schon aus dem Flugzeug nur um zu realisieren, dass ich mein Handgepäck vergessen hatte und zurück zum Flugzeug musste. Das ergab sich als ein kleines Problem, was sich jedoch ins Nichts auflöste, als gesagt wurde, dass dieses mit dem normalen Gepäck ausgegeben wurde.
Und dann kam auch schon der Moment in dem ich meine Gastfamilie sah. Es war so anders als auf den Fotos, so viel aufregender und komischer. Sie waren alle herzlich und obwohl ich nicht wirklich wusste was ich machen soll oder wie, merkt ich sofort, dass ich hier willkommen war (das lag nicht nur an dem schönen Poster, mit meinem Namen und der Amerikaflagge, welches jetzt in meinem Zimmer hängt) und das war ein schönes Gefühl.

hico exp annab04Jeder lernt seine Familie anders kennen und jeder hat andere Gespräche, aber ich glaube für jeden ist es etwas sehr persönliches – wenn man sich überhaupt noch richtig daran erinnern kann – ich war sehr müde. Aber ich weiß noch genau wie ihre Gesichter aufgeleuchtet sind als ich meine Gastgeschenke rausgeholt habe. Was mich auch gefreut hat ist, dass sie etwas kleines für mich hatten, dass hat mich wirklich sehr gerührt. Ich habe mir natürlich die Frage gestellt, wie und was ich sagen werde, wann und wo, aber es war eigentlich gar nicht so schwer. Ich habe einfach immer etwas gesagt, wenn ich etwas wusste und obwohl ich am Anfang ein wenig schüchtern war hat sich das mit der Zeit gelegt. Ich habe großes Glück mit meiner Familie und ich liebe sie wirklich sehr, auch schon nach so kurzer Zeit, was ziemlich verrückt ist.
hico exp annab05Zum Thema Schule.. Ja, Schule ist hier sehr anders. Wobei anders nicht immer schlecht ist. Ich gehe auf die Barbe-High-School eine große Schule, die aufgebaut ist wie ein College. Viele Gebäude, viele Räume und große Klassen. Die Schüler hier tragen eine ID, doch die ID und Schuluniform sind nicht das einzige was hier anders sind, sondern auch der Stundenplan, denn man hat jeden Tag die gleichen Fächer, was den Lerneffekt steigern soll.
Nach drei Stundenplanwechseln bin ich jedoch sehr zufrieden mit meinem Stundenplan. Ich belege in der ersten Stunde US-History, in der 2. Stunde Mythology (Ja, das ist hier ein ernsthaftes Fach), die nächsten zwei Stunden sind IT Stunden, was heißt das ich den Campus verlasse und woanders unterrichtet werde, dort belege ich Commercial Art. Wenn ich zurück komme habe ich Lunch, eine 

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Pause, danach folgt Spanisch, Algebra/Mathe und als letzte Stunde belege ich Englisch. Ich liebe fast alle Lehrer und Coaches hier. Überhaupt ist es hier so, dass man den meisten Lehrern ansieht, dass sie ihr Fach mögen und richtig darin aufgehen. Es herrscht auch ein ganz anderes Klima zwischen Lehrer und Schüler. Es liegt daran, dass die Lehrer wollen, dass man sie kennt und man ihnen auch private fragen stellen darf, sie lockerer mit ihrem Privatleben umgehen und es einfach sehr auf einer freundschaftliche Basis basiert. Im ersten Moment vielleicht ein wenig ungewohnt, das muss ich zugeben, aber es ist irgendwie auch angenehm und macht mehr Spaß. Dennoch der Wechsel ist hart zu verstehen, denn es ist ein ziemlicher Kulturschock, wenn plötzlich die Lehrer dich umarmen und dir Kosenamen geben, es macht den Unterricht aber um einiges besser.
Das einzige was ich nicht wirklich mag ist der Fakt das man für jedes Fach die Klasse und die Leute wechselt, mit denen man Unterricht hat. Es ist einfach viel schwieriger Anschluss zu finden und Freunde. Wo ich mich am ersten Tag noch einsam gefühlt habe und mit meiner Gastschwester und ihren Freunden Lunch verbracht habe, habe ich jetzt aber mittlerweile eigene Freunde. Es dauert zwar länger und ich habe das Gefühl vieles ist hier ein wenig oberflächlicher, aber ansonsten wenn man sich bemüht und Interesse zeigt, sind die Leute hier genauso nett und freundlich.
Alles in Allem mag ich es hier sehr und genieße meine Zeit!

Viele Grüße,
Anna

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